Skurrile Kostenschätzung für das Tempelhofer Feld
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat ein Gutachten über die »Volkwirtschaftlichen Auswirkungen eines Verzichts auf eine Teilbebauung des Tempelhofer Flugfeldes« veröffentlicht. Das soll belegen, dass auf das Land Kosten von nahezu 300 Millionen Euro zukommen, sollte das Tempelhofer Feld nicht mit Wohnungen und Gewerbeansiedlungen bebaut werden. Diese Kostenschätzung ist die Voraussetzung für das Volksbegehren der »Bürgerinitiative 100 % Tempelhofer Feld«, die eben diese Bebauung verhindern will.
Erstellt wurde das Gutachten vom »wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut empirica«. Allerdings beschäftigt sich die Studie nicht mit konkreten Ausgaben für die Entwicklung des Areals, sondern es werden äußerst vage Prognosen über das Verkehrsaufkommen in den nächsten 50 Jahren aufgestellt. Dabei gehen die Autoren davon aus, dass Berlin weiter wächst und damit mehr Wohnraum, Büros oder Einzelhandelsläden benötigt. Werden die Ränder des Tempelhofer Feldes nicht bebaut, heißt das nicht, dass diese dort geplanten Wohnungen, Büros oder Gewerberäume überhaupt nicht gebaut werden. Diese geplanten Investitionen werden stattdessen auf anderen, alternativ verfügbaren Flächen getätigt werden. Da diese aber von der Stadtmitte weiter entfernt sind als das Tempelhofer Feld, schließen die Autoren dann auf ein weitaus größeres Verkehrsaufkommen in Berlin. Durch mehr Unfälle, mehr Staus und höhere Schadstoff- und Lärmbelastungen ergeben sich nach dieser Annahme Kosten von etwa sechs Millionen Euro pro Jahr. Das ergibt über den Zeitraum von 50 Jahren dann tasächlich die prognostizierte Summe von 298 Millionen Euro.
Warum die Verkehrsströme allerdings alle in die Stadtmitte gehen sollen, erfährt der Leser nicht. Ebensowenig wird thematisiert, welche Kosten entstehen, wenn all die Menschen, die sich jetzt auf dem Tempelhofer Feld vergnügen sich ins Auto schwingen und ins Umland fahren, um dort Erholung zu suchen.
Überhaupt keine Erwähnung finden die Kosten der Vorleistungen, die das Land für die Entwicklung des Tempelhofer Feldes aufbringen muss. Auf der Basis einer Finanzplanung der »Tempelhof Projekt GmbH« von 2010 errechnet die Bürgerinitiatve einen Verlust von rund 290 Millionen Euro, wenn auf dem Parkgelände gebaut wird. mr